
Nicht immer lassen sich Kinder gern die Haare frisieren. Den Eltern wird dabei meist eine Menge Geschick und Geduld abverlangt, um auch die hartnäckigsten Knoten zu lösen. Doch es gibt Kinder, deren Haare kraus und wirr vom Kopf abstehen und sich partout nicht kämmen lassen. Dieses Phänomen nennt sich passend auch „Syndrom der unkämmbaren Haare“ oder auch „Struwwelpeter-Syndrom“. Im Lateinischen bezeichnet man diese Formen als pili torti oder pili triangulli, je nach Ausprägung und Einschränkung im Haarwachstum. Typisch für dieses Syndrom sind extrem krause, trockene, meist hellblonde Haupthaare, die sich erfolgreich jedem Bändigungsversuch widersetzen.
Was ist für diese Störung verantwortlich?
Forscher machen dafür Mutationen in drei Genen verantwortlich. Die Ergebnisse sind im Journal of Human Genetics im November 2016 erschienen. Lange Zeit war das Syndrom völlig unbekannt oder wurde von Ärzten nicht als eine Krankheit oder einen Gendefekt anerkannt. Wohl auch deshalb, weil das Phänomen relativ selten ist. Im Jahr 1973 wurde es zum ersten Mal in der Fachliteratur beschrieben. Bis jetzt wurden weltweit etwa einhundert Fälle dokumentiert. Die Dunkelziffer ist dabei aber wahrscheinlich sehr viel höher, da die meisten Eltern mit ihren Kindern kaum wegen unzähmbaren Haaren einen Arzt aufsuchen. Auf die Idee, dass ein genetischer Grund der Auslöser sein könnte, kamen die Forscher, da meist eine familiäre Häufung bei den Betroffenen auftritt.
Die betroffenen Gene tragen die Kürzel PADI3, TGM3 und TCHH. Die ersten beiden tragen die Bauanleitung für Enzyme in sich, das dritte, das TCHH, ist für ein wichtiges Protein des Haarschafts zuständig. Das TCHH wird, durch die Eigenschaften der anderen beiden Enzyme, über hauchfeine Hornfäden miteinander vernetzt. Sobald nur eines der Gene einen Defekt aufweist, stört das bereits die Haarstruktur und den Haarwuchs.
Gibt es Chancen auf Heilung?
Bei den meisten Betroffenen stellt sich mit der Pubertät eine Besserung der Frisierbarkeit der Haare ein. Manchmal kommt es sogar im Erwachsenenalter zu einem normalen Haarwuchs. Der Grund hierfür ist aber noch unerforscht. Zusätzlich ist zu sagen, dass, auch wenn durch diesen Gendefekt die Ästhetik und in manchen Fällen auch die Psyche leidet, keinerlei weiteren Erkrankungen mit einhergehen und auch im Verlauf keine weiteren Einschränkungen erwartet werden.